Hausmesse, Bildung und Schule 4.0 – Vorträge
WLAN an Erlanger Schulen für den Einsatz mit Tablets
Ein Vortrag von Dr. K. Wilhelm
Moderne Lehr- und Lernkonzepte
Ein Vortrag von Alexander Notheis (Hohenloher)
Hausmesse Teilnahmebescheinigung
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Schule 4.0 – Ein ´Wilde Westen` der Didaktik?!
Ein Vortrag von Markus Dormann
Eine Reisemetapher zu Beginn
Was hat der ´Wilde Westen´ mit Schule 4.0 zu tun? Lässt man zu diesem Vergleich die Gedanken kurz schweifen, stößt man auf Assoziationen wie ein unerschlossenes und unbekanntes Terrain, welches zahlreiche Möglichkeiten aber auch Gefahren und Unwägbarkeiten bietet. Weiterhin tummeln sich um dieses noch eher unbekannte Feld zahlreiche Abenteuerlustige, aber auch Personen, die bei dem Gedanken an den Aufbruch eher Bedenken und Ängste empfinden. Sehen Einige große Möglichkeiten, Dinge in Zukunft besser anzugehen, so sehen Andere hingegen eine anstrengende und mühsame Reise ins Ungewisse, ohne ein klar definiertes Ziel. Nicht zuletzt mit dem Strategiekonzept der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ (KMK 2016) ist die Entscheidung für den Aufbruch längst gefallen und viele befinden sich bereits auf dem Weg.
Was ist Schule 4.0? – Unsicherheiten und zahlreiche Fragen auf dem Weg
Unwägbarkeit bei der Reise in die Welt der Schule 4.0 bilden für Kolleginnen und Kollegen Begrifflichkeiten wie Cyber-Physische-Systeme, Virtual Reality, Augmented Reality, Internet der Dinge, Cloud-Computing, Big Data sowie Mensch-Maschinen-Kommunikation.[i] Diese technischen Neuerungen traten zunächst oftmals insbesondere im Zusammenhang mit Industrie 4.0 in Unternehmen meist in der Fertigung oder Logistik auf oder wurden als Leuchtturmprojekte auf Technikmessen vorgeführt. Mittlerweile begegnen wir diesen Entwicklungen der digitalen Transformation allerdings zunehmend in unserer Lebenswelt, beispielsweise in Form von Hausautomatisierung (smart home), unserer Kommunikation mit Behörden (smart city) oder der Art wie wir uns fortbewegen (smart car). Als Lehrkraft fragen wir uns: Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf Didaktik und Unterricht?
Beantwortet man diese Frage wird eines schnell klar: Schule 4.0 hat die Aufgabe, den zukünftigen Generationen Handlungskompetenz zu vermitteln, also Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen der Berufs- und Lebenswelt von morgen vorzubereiten (vgl. u.a. Dormann 2017) Konkret geschieht dies durch die Vermittlung notwendiger Kompetenzen in Form von Fach-, Selbst- und Sozialkompetenz (KMK 2011). Schule 4.0 bedeutet dabei zwar auch den Einsatz von Unterrichtsfilmen und Tutorials aus dem Internet,[ii] das Arbeiten mit Tablets bzw. 2in1 Geräten in der Klasse, die Nutzung interaktiver Whiteboards und die intelligente Datenverwaltung über geeignete Content Management Systeme und gleichzeitig geht eine Didaktik 4.0 über den reinen Medieneinsatz weit hinaus. Schule 4.0 sollte den Einsatz neuer Medien an der Digitalisierungsintensität festmachen und dabei stets zwei Perspektiven einnehmen:
– Digitalisierungsintensität der Berufs- und Lebenswelt
– Digitalisierungsintensität des Medieneinsatzes
Beide Richtungen greifen dabei ineinander und weisen zahlreiche Wechselwirkungen auf.
Aus der Perspektive der Berufs- und Lebenswelt greift eine didaktische Planung die Allgegenwärtigkeit von Medien auf und schult Schüler so, dass diese in ihrer Analysefähigkeit, ihrem Abstraktionsvermögen, Datenschutzdenken sowie kommunikativen Fähigkeiten den Anforderungen der Digitalen Transformation gewachsen sind und diese bewältigen können. Dies geschieht, indem Lebenswelt und Berufswelt darauf hin untersucht werden, welche Veränderungen in Prozessen die Digitalisierung mit sich bringt und indem diese Veränderungen im Unterricht berücksichtigt und soweit als möglich simuliert werden (vgl. u.a. Dormann 2016).
Aus der zweiten Perspektive – der Digitalisierungsintensität des Medieneinsatzes – wird versucht Unterricht mittels neuer Medien zu erweitern, um diesen an geeigneten Stellen effizienter und effektiver – und im Idealfall wirksamer – gestalten zu können. Empirische Studien weisen dabei darauf hin, dass ein unbegleiteter Medieneinsatz nicht zielführend ist (vgl. u.a. Hattie 2009) und nur eine Prozessbegleitung durch die Lehrkraft sowie eine adäquate didaktische Einbettung gewünschte Lernerfolge bringt (vgl. u.a. Herzig 2014). Die Erweiterung des Unterrichts kann sich dabei auf verschiedenen Stufen und Ebenen ereignen, die sich vom Lancieren – also dem Ersetzen eines herkömmlichen Mediums – bis hin zu völlig neuen Möglichkeiten von Unterrichtsszenarien erstecken. Dies sollte auf der Mikrodidaktischen Seite bereits bei der didaktischen Unterrichtsplanung berücksichtigt werden.[iii]
Mikrodidaktische Konsequenzen
Bei der mikrodidaktischen Arbeit ist es sinnvoll, Unterricht auf Basis eines didaktischen Strukturmodells zu planen (vgl. Gerholz 2014, Buschfeld 2003). In Abbildung 1 wir diese dargestellt. Ein solches didaktisches Strukturmodell berücksichtigt die wesentlichen Felder der Unterrichtsplanung und plant vor diesem Hintergrund konkrete Lernsituationen. Hierbei wird vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen (Fach, Person, Methode, Medium) eine konkrete Lernsituation geplant, welche sich aus einer Handlungssituation, einem Handlungsprozess und einem Handlungsergebnis zusammensetzt. Ebenfalls hilfreich ist die Planung des Unterrichts auf Basis des LERN-Models der Medienplanung.

Abbildung 1: Lernsituationen als Didaktisches Strukturmodell

Abbildung 2: Schritte der Medienplanung aus Medienperspektive (Dormann 2017)
Dieses setzt sich aus den in Abbildung 2 und 3 dargestellten Perspektiven und den 4 Ebenen (Lancieren, Erweitern, Reorganisieren sowie Neudefinieren) zusammen. Aus Medienperspektive findet auf der untersten Ebene lediglich ein Ersetzen von Medien statt. Analoge Lerninhalte werden also durch digitale ersetzt. Mit jeder weiteren Ebene verbessert der Medieneinsatz dann die Optionen von Unterricht bis es zu völlig neuartigen Unterrichtssettings kommt, welche mit herkömmlichen Medien nicht realisierbar wären. Es findet auf der zweiten Stufe also eine Transformation des herkömmlichen traditionellen Unterrichts statt. In Abbildung 2 werden den einzelnen Ebenen konkrete Beispiele zugeordnet. Aus der Perspektive der Digitalisierungsintensität der Berufs- und Lebenswelt wird die jeweilige Kompetenzanforderung der Lernsituation mit dem LERN-Modell geplant.
Abbildung 3 stellt den Zusammenhang exemplarisch dar. Je nach Lernsituation lässt sich jetzt eine bestimmte Anzahl an Kompetenzen finden, welche durch die digitale Transformation verändert werden. Beispielsweise wird im Berufsfeld des Verkäufers durch den Trend zum Bestellen im Internet eine „Hotline“-Betreuung von Kunden zunehmend wichtiger, sodass sich die klassische Verkaufsaufgabe stark in Richtung einer digitalen Kommunikation verschiebt. Dies ist mit verschiedenen spezifischen Kompetenzen verbunden (u.a. Fachkompetenz: Beherrschen digitaler Kommunikationskanäle wie Chat und Videokorrespondenz; Sozialkompetenz: Besonderheiten der Digitalen Kommunikation; Selbstkompetenz: Kreative Lösungen finden).

Abbildung 3: Schritte der Medienplanung aus der Kompetenzperspektive (Eigene Grafik in Anlehnung an Gerholz/Dormann 2017)
Ein Ausblick auf das Ende der Reise
Schule und Unterricht können sich der technischen Entwicklung nicht verschließen, um weiterhin Schülerinnen und Schüler adäquat für das Leben auszubilden und als Bildungsinstitution zu agieren (Dormann/Gerholz 2017). Die Konsequenz ist: Das System Schule braucht Unterstützung beim Aufbruch und der Reise in eine noch weitgehend unbekannte Landschaft Schule 4.0, denn ohne eine professionelle und sinnvoll aufeinander abgestimmte Ausstattung sowie umfassend und auch praktisch geschulte Lehrkräfte ist die zuvor skizzierte Medienplanung nicht fundiert möglich.
Unterstützung muss dabei bei der Planung der notwendigen Voraussetzungen anfangen. Hierbei ist es notwendig, dass unter der Mitwirkung von Experten der verschiedenen Bereiche IT-Spezialisten zusammen mit Lehrkräften, Systemadministratoren und Schulleitung den Ist-Zustand der Schule analysieren und darauf aufbauend eine technische, finanzielle und didaktische Roadmap entwickeln, die der jeweiligen Schule in ihrem Einzelfall gerecht wird. Nach der Installation der richtigen technischen neuen Medien gilt es ein gut funktionierendes Supportsystem aufzubauen, sodass die technischen Voraussetzungen stets einsatzfähig und optimal nutzbar zur Verfügung stehen. Weiterhin darf eine solche Unterstützung nicht bei der technischen Ebene stehen bleiben, sondern im Kollegium müssen tragfähige didaktische Konzepte entwickelt und implementiert werden. Nur so können Lehrerinnen und Lehrer den maximalen Nutzen aus den neuen Medien ziehen und effizient und effektiv ihren Unterricht planen.
Effizienz ergibt sich etwa durch Zeitersparnis (z.B. leichte Übertragbarkeit digitaler Daten, geringer Vorbereitungsaufwand) und Ressourcenersparnis (u.a. Reduzierung von Kopien und Ausdrucken durch bearbeitbare digitale Unterrichtsmaterialien). Effektivität kann durch den Einsatz moderner Technik, die den Schülern bessere Lernerfolge ermöglicht (u.a. durch Einbeziehung unterschiedlicher Lerntypen; Vorteile beim inklusiven Unterricht mittels neuer Medien) erreicht werden. Wie dargestellt gilt es die Schüler realitätsnah auf die Anforderungen der (zukünftigen) Medienwelt vorzubereiten. Hierbei ist die Mediendidaktik kein Selbstläufer: Es benötigt einen verbindlichen Plan, welche spezifischen Maßnahmen (z.B. Videotutorials, Webinare, Seminare, SCHILFS) im jeweiligen Fall geeignet sind, dass die Kollegen sich gezielt mit auf den Weg der digitalen Reise machen, ohne dass diese sich ausschließlich autodidaktisch die notwendige Medienkompetenz erarbeiten müssen. Das wird bei angesichts der Fülle an Hard- und Software sowie der damit verbundenen Anwendungsoptionen nicht funktionieren. Hier haben sich in vergangenen Projekten beispielsweise Maßnahmen wie die Ausbildung von Multiplikatoren wie auch das Aufsetzen von Projektteams sowie Medienpatenschaften zwischen Kollegen bewährt, sodass insbesondere die Vorteile des Einsatzes zeitnah realisiert werden können.
Aus abgeschlossenen und laufenden Forschungsprojekten zum Einsatz neuer Medien im Unterricht hat sich herauskristallisiert, dass auch ein begleitender Prozess der Evaluation – der beispielsweise Lernerfolge misst – zum Erfolg von Medienprojekten an Schulen beiträgt. Hierdurch gelingt es nachzuweisen inwieweit ein an einer Schule etablierter Medieneinsatz die gewünschten Früchte trägt. Insofern empfiehlt sich neben der Planung und Implementation der technischen Voraussetzungen sowie der Etablierung und Durchführung geeigneter didaktischer Settings, ebenfalls die Kontrolle der Maßnahmen. Gerade unter diesen Voraussetzungen wird dann auch das Kollegium bereit sein, den unbekannten Westen zu bereisen, die eigene Didaktik neu zu verorten und wirksame Lernabenteuer zu erleben.

Markus Dormann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Wirtschaftspädagogik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind digitale Transformation sowie Kommunikation und Führung in der Institution Schule. Gleichzeitig ist er Senior Partner der Unternehmensberatung just ask!, die sich schwerpunktmäßig auf die wirksame Nutzung digitaler Medien im Berufsalltag spezialisiert hat. In diesem Kontext ist er Lehrbeauftragter an verschiedenen deutschen Universitäten sowie Speaker und Moderator auf Tagungen und Kongressen. Kontakt: md@education-rocks.de
[i] Ein Glossar zu den wichtigsten Begriffen der Digitalen Transformation finden sie unter folgendem Link: http://education-rocks.de/media/glossar/
[ii] An dieser Stelle ist der jeweils geltende Rechtsrahmen zu beachten. Die Beratung von Lehrkräften zu rechtlichen Fragen (u.a. Soziale Netzwerke, Cloud-Computing, Verwendung von Apps bei Angabe persönlicher Daten, Bildrechte) ist ein separates und bedeutsames Thema, welches aber nicht im vorliegenden Text behandelt wird. Hier sollten Schulen darauf achten, ihr Personal ausreichend weiterzubilden, um den Kolleginnen und Kollegen einen sicheren Handlungsrahmen bieten zu können.
[iii] In einer fortgeschrittenen Form besitzt das Modell zwei Reflexionsstufen – in diesem Artikel wird lediglich die erste Reflexionsstufe beschrieben – was Platzgründen geschuldet ist.
Literatur:
Buschfeld, Detlef (2003): Draußen vom Lernfeld komm‘ ich her …? Plädoyer für einen alltäglichen Umgang mit Lernsituationen. In: bwpat (4), S. 1–21. Online verfügbar unter http://www.bwpat.de/ausgabe4/buschfeld_bwpat4.pdf.
Dormann, M., Schmieden, A. & Gerholz, K.-H. (2016). Aus- und Weiterbildung in digitalen Zeiten. In: Personalwirtschaft 8/2016, 52-55.
Dormann, M., Gerholz, K-H. & Schmieden, A. (2016): 21st Century skills für die Ausbildung 4.0. In: wirAUSBILDER. Sonderausgabe 2/2016, 17-19.
Dormann, M. 2017: Das LERN-Modell der Medienplanung: Eine Darstellung seiner Ebenen, Stufen und Reflexionsstufen. Unveröffentlichte Projektskizze.
Dormann, M. & Gerholz, K-H. (2017a): Aus- und Weiterbildung 4.0 Möglichkeiten der Implementation. In: personalSchweiz Juni 2017. 27-29.
Gerholz, K.-H. & Dormann, M. (2017): Digitalisierung von Geschäftsprozessen – Konsequenzen für die didaktische Arbeit in der beruflichen Bildung. In: Wirtschaft und Erziehung 6/2016, 219-227.
Gerholz, K.-H. (2013): Fallstudien in der Hochschullehre – Problembasiertes Lernen didaktisch gestalten. In: Gerholz, K.-H. & Sloane, P. F. E. (Hrsg.): Studiengänge entwickeln – Module gestalten. Eine Standortbestimmung nach Bologna. Paderborn 2013, 139-166.KMK. (2016): Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. Berlin.
Hattie, J. (2008): Visible Learning. Routledge. London.
Herzig, B (2014): Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht?
KMK (2011): Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe. Berlin.
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